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Verständnis

Was ist Studiengangsentwicklung und welche Bedeutung hat sie für die unterschiedlichen Funktionsträger*innen unserer Hochschule? Regelmäßig beantworten verschiedene Hochschulangehörige die Frage "Was ist für mich Studiengangsentwicklung?" und lassen die Wortwolke wachsen. Das dynamische gemeinsame Verständnis von Studiengangsentwicklung spiegelt sich in den Begriffen, die je nach Häufigkeit unterschiedlich groß dargestellt werden.


Was ist für mich Studiengangsentwicklung?

"Studiengangsentwicklung ist eine systematische Vorgehensweise, um wettbewerbsfähige Angebote an einer Hochschule zu erhalten und zu entwickeln. Der Wunsch oder die Notwendigkeit, einen bestehenden Studiengang zu evaluieren, zu verändern oder einen neuen Studiengang zu konzipieren, kommt in der Hochschullehre immer wieder auf. Das Schreiben einer Studienordnung, der Umgang mit der modularen Gestaltung von Studiengängen oder die Umsetzung hochschul- oder landespolitischer Vorgaben gehören aber nicht zu den üblichen Aufgaben von Hochschullehrenden, sondern erfordern eine eigene fachliche Kompetenz. Insofern profitiert die Hochschulentwicklung insgesamt von einer personellen Expertise, die auf der einen Seite die gemeinsame Reflexion von Studium und Lehre initiiert, begleitet und sichert und auf der anderen Seite die Beschäftigungsperspektiven der zukünftigen Studierenden berücksichtigt. Im Ergebnis stehen dann Maßnahmen und Veränderungen, die gemeinsame Erfahrungen nutzbar für die nachkommenden Studierenden und Lehrenden machen und dem Umstand Rechnung tragen, dass der Arbeitsmarkt dynamisch ist und die Attraktivität eines Studienganges mit den Berufsaussichten korreliert.

Studiengangsentwicklung ist also ein gemeinsames Zurück- und Vorblicken, Planen, Prüfen, Verwerfen, Konzipieren, Verhandeln, Strukturieren und schlussendlich ein Festschreiben neuer Regeln eines Studienganges, die dann in ihrer Ausführlichkeit einer Ordnung sowohl den Hochschulalltag der Studierenden als auch den der Lehrenden und der Verwaltungsmitglieder gestalten.    

Als Voraussetzungen für ein Gelingen sehe ich die Bewusstheit und Anerkennung der Notwendigkeit und den Nutzen von Studiengangsentwicklung, den Mut für Unkonventionelles, eine Offenheit für die Perspektiven der Beteiligten und eine vertrauensvolle Zusammenarbeit. Sowohl die Förderung dieser Voraussetzungen als auch die gemeinsame Arbeit an Studienstrukturen macht Studiengangsentwicklung zu einer Daueraufgabe für alle Hochschulangehörigen."

"Kern jeder Handlung und jedes Agierens in unserem Hochschulleben sollte der Fokus auf das bestmögliche Studium unserer Studierenden sein. Dies gilt sowohl im Hinblick auf die inhaltliche Ausgestaltung des Studiums als auch bezüglich seiner Rahmenbedingungen. Aber was bedeutet das „bestmögliche Studium“?

Studiengangsentwicklung ist ein gesetzlicher Auftrag, der sich direkt aus dem nordrhein-westfälischen Kunsthochschulgesetz (dort § 3) ergibt. Danach ist es die Aufgabe der Musikhochschule, auf künstlerische Berufe und auf Berufe, deren Ausübung künstlerische Fähigkeiten erfordern, vorzubereiten. In einer sich ständig und immer schneller ändernden Gesellschaft bedeutet Studiengangsentwicklung das Bestreben, auf die von der Gesellschaft formulierten Anforderungen an künftige Musikerinnen und Musiker passgenau und weitsichtig zu reagieren, ohne allerdings jeden kurzlebigen und/oder sinnlosen Trend mitzumachen. Insofern sollte  Studiengangsentwicklung nicht nur reagieren, sondern vorausschauend und visionär agieren und planen.

Aus meiner Sicht kommt allerdings in vielen Diskussionen um das Thema  Studiengangsentwicklung ein Aspekt zu kurz: während wir uns um bis aufs feinste ausformulierte Modulbeschreibungen im Hinblick auf Inhalte des Studiums sowie auf die Ermöglichung bester Rahmenbedingungen konzentrieren, gerät die Prägung einer Gesamtpersönlichkeit unserer jungen Studierenden zu schnell aus dem Blickfeld. Je enger unsere Vorgaben zum Studium inhaltlicher Art, aber auch die Rahmenbedingungen gestellt sind, desto schematischer die Ausbildung. Schematische Ausbildungen aber sind das Gegenteil von individueller Prägung, sie gehen zulasten der Persönlichkeitsentwicklung. Studiengangsentwicklung sollte daher Persönlichkeitsentwicklung unserer Studierenden ermöglichen. Dies bedingt ein sensibles Abwägen zwischen inhaltlichen Vorgaben einerseits und individuellen, das eigene Studium selbst gestaltenden Möglichkeiten andererseits. Diese Form des individuellen Studiums ermöglicht unseren Studierenden, nicht nur die „üblichen“ Musiker*innenberufe anzustreben, sondern auch Nischen zu erkennen und einzunehmen, an die man zu Beginn des Studiums noch gar nicht gedacht hat.

Dieser Spagat zwischen Vorgabe und eigener Gestaltung des Studiengangs, zwischen Pflicht und Kür ist nicht statisch, sondern muss immer wieder ausbalanciert werden. Studiengangsentwicklung ist damit Daueraufgabe."

§ 3 KunstHG
Gesetz über die Kunsthochschulen des Landes Nordrhein-Westfalen (KunstHG)

(1) Die Kunsthochschulen dienen der Pflege der Künste insbesondere auf den Gebieten der bildenden Kunst, der Musik, der darstellenden und der medialen Künste durch Lehre und Studium, Kunstausübung und künstlerische Entwicklungsvorhaben sowie Weiterbildung. Sie bereiten auf künstlerische Berufe und auf Berufe vor, deren Ausübung künstlerische Fähigkeiten erfordern. Im Rahmen der ihnen obliegenden Lehrerausbildung und anderer wissenschaftlicher Fächer nehmen sie darüber hinaus Aufgaben der Universitäten wahr. Sie fördern den künstlerischen Nachwuchs und im Rahmen ihrer Aufgaben den wissenschaftlichen Nachwuchs. Die Kunsthochschulen gewährleisten eine gute wissenschaftliche Praxis.

(2) Die Kunsthochschulen fördern bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern in der Kunsthochschule und wirken auf die Beseitigung der für Frauen bestehenden Nachteile hin. Bei allen Vorschlägen und Entscheidungen sind die geschlechtsspezifischen Auswirkungen zu beachten (Gender Mainstreaming). Die Kunsthochschulen tragen darüber hinaus der Vielfalt ihrer Mitglieder (Diversity Management) sowie den berechtigten Interessen ihres Personals auf gute Beschäftigungsbedingungen angemessen Rechnung.

(3) Die Kunsthochschulen unterrichten die Öffentlichkeit über die Erfüllung ihrer Aufgaben. Sie fördern den Transfer ihrer künstlerischen und wissenschaftlichen Leistungen. Zu diesem Zweck können sie sich im Rahmen der Gesetze auch privatrechtlicher Formen bedienen, die urheberrechtliche Verwertung sowie Patentierung und Verwertung von Forschungsergebnissen fördern und mit Dritten zusammenarbeiten.

(4) Die Kunsthochschulen wirken an der sozialen Förderung der Studierenden mit. Sie berücksichtigen mit angemessenen Vorkehrungen die besonderen Bedürfnisse Studierender und Beschäftigter mit Behinderung oder chronischer Erkrankung oder mit Verantwortung für nahe Angehörige mit Pflege- oder Unterstützungsbedarf sowie mit Kindern. Sie fördern die Vereinbarkeit von Studium, Beruf und Erziehung für die Studierenden und Beschäftigten mit Kindern, insbesondere durch eine angemessene Betreuung dieser Kinder.

(5) Die Kunsthochschulen fördern die regionale, europäische und internationale Zusammenarbeit und den Austausch zwischen deutschen und ausländischen Kunsthochschulen; sie berücksichtigen die besonderen Bedürfnisse ausländischer Studierender.

(6) Die Grundordnung kann mit Genehmigung des Ministeriums weitere Hochschulaufgaben vorsehen, soweit diese mit den gesetzlich bestimmten Aufgaben zusammenhängen und deren Erfüllung durch die Wahrnehmung der weiteren Aufgaben nicht beeinträchtigt wird.

(7) Zur Erfüllung ihrer Aufgaben können die Kunsthochschulen Vereinbarungen mit Dritten treffen.

"Studiengangsentwicklung bedeutet für mich den Prozess der Umsetzung der Vision und der darauf basierenden strategischen Zielsetzungen der Hochschule auf der Ebene der Curriculumsentwicklung. Dieser Prozess ist im Hinblick auf die sich wandelnden Anforderungen des Arbeitsmarktes nie abgeschlossen, sondern muss regelmäßig verfolgt werden. Studierende werden dabei nicht als homogene Einheit gesehen, sondern als heterogene Gruppe mit diversen Bedürfnissen. Diesem Verständnis folgend stehen die zu definierenden Kompetenzen der Studierenden sowie die Möglichkeiten der Kompetenzentwicklung mithilfe verschiedener Lehr- und Prüfungsformate ebenso wie ein diversitätssensibles Lehrverständnis im Mittelpunkt. Evaluation ist ein unerlässliches Instrument, um die Entwicklungsfortschritte zu prüfen.

Studiengangsentwicklung kann nicht unabhängig vom umgebenden Kontext Musikhochschule gedacht werden. Die Partizipation der Mitarbeitenden und Studierenden ist deshalb unerlässlich."

"Studiengangsentwicklung stellt sich für mich als ein Prozess dar, der zwar fortwährend mit einer dauernden Metamorphose von Berufsbildern und gesellschaftlichen Veränderungen einhergeht aber auch eine Konstante in der Förderung von künstlerischer Kreativität und Phantasie hat.

Deshalb haben wir als Hochschule nun die wichtige Aufgabe, diese anstehenden Reformen mit Leben zu füllen, dabei „Ballast“ abzuwerfen und gleichzeitig neue Entwürfe des Studierens  zu kreieren. Im Mittelpunkt unseres Denkens und unserer Überlegungen sollte dabei immer die Kunst, die Musik stehen. Ich wünsche mir für die Studierenden vor allem einen freieren, ihren Fähigkeiten und Neigungen entsprechenden Umgang mit Studienangeboten. Dagegen erschien mir die Berechnung und das Sammeln von Leistungspunkten nach Zeittabellen in einem Kunststudium schon immer absurd.

Speziell in der Kunst geht es doch um Persönlichkeitsentwicklung und Unterstützung eines freien und kreativen Geistes. Dies kann auch bedeuten, dass das Studium nicht in möglichst kurzer Zeit auf eine sehr spezialisiertes Berufsbild ausgerichtet ist, sondern ein umfassender und raumgreifender musikalischer Reifeprozess eine Musikerpersönlichkeit hervorbringt, die dann auf verschiedensten Ebenen gesellschaftlichen Lebens ihren Platz finden und frische Impulse setzen kann.

Ich bin sehr neugierig, wohin uns dieser nun angestoßene Prozess führen wird."

"… eine der Kernaufgaben einer Hochschule.

Sie sollte reflektieren,

  • wie sich das Musikleben verändert, sowohl im deutschsprachigen Raum als auch international,
  • mit welchen Anforderungen und Arbeitsbedingungen sich professionelle Musiker*innen auseinandersetzen müssen (die zukünftig beispielsweise mehrheitlich freiberuflich tätig sein werden) und
  • mit welchen Voraussetzungen unsere Studienanfänger*innen ihre Ausbildung bei uns beginnen.

Lehrende und Studierende, die sich für die Entwicklung der Studiengänge engagieren, können m. E. wertvolle Impulse von Alumnae und Alumni erhalten, wenn diese aus verschiedenen Berufsfeldern stammen und seit mindestens fünf Jahren im Berufsleben stehen.

Eine große praktische Herausforderung sehe ich darin, Studienordnungen so zu erstellen, dass sie einerseits konkret genug sind, um Orientierung zu geben und Anforderungen klar zu benennen, und dass sie andererseits genügend Flexibilität bieten (u.a. über Wahlpflicht-Bereiche), um selbstbestimmtes Studieren zu ermöglichen."

"Studiengangsentwicklung ist einer von diesen wundervollen Begriffen, welche nur die deutsche Sprache hervorbringen kann. Wie bei den meisten dieser Wortungetüme, verbirgt sich auch hinter diesem scheinbar Selbstverständliches, das jedoch jederzeit und allerorten mit Leben gefüllt sein muss.
Ein Studium soll auf eine erfolgreiche berufliche Laufbahn vorbereiten. Hierfür ist erforderlich, dass die Lehrenden, die den Studiengang weiterentwickeln, jeweils einen dichten Kontakt zur Berufspraxis halten und jederzeit mit den Lehrangebot auf die veränderte Berufswelt reagieren. Ebenso können wir aber mit einer Schwerpunktsetzung in der Ausbildung die Berufswelt beeinflussen, auch diese Verantwortung muss uns immer bewusst bleiben. Wünschenswert ist, dass die Studiengangsentwicklung nicht eine Eintagsfliege ist, sondern ein stetiger Vorgang, der trotz der juristischen Vorschriften, denen eine solche Entwicklung Folge zu leisten hat, eben auch die nötige Spontaneität erlaubt, um relativ schnell auf Veränderungen reagieren zu können. Darüber hinaus halte ich es für unabdingbar, dass auch die Studierenden immer in die Entwicklung der Ausbildung eingebunden werden. Schließlich müssen sie letztendlich nach entsprechender fachlicher Beratung darüber entscheiden, was genau sie lernen wollen und davon überzeugt sein, dass ihnen dies auf ihrem weiteren beruflichen Weg helfen wird."

„Am Ende ihres Studiums sollen die Studierenden mit dem erworbenen Wissen und ihren erlernten Fertigkeiten ein erfülltes und erfolgreiches Berufsleben gestalten können. Das Studium muss dafür die geeignete Grundlage schaffen, es weist also im Idealfall weit über die Abschlussprüfungen hinaus. Es soll fachliche Qualifikationen, Handlungssicherheit für die Praxis, Selbstständigkeit sowie Freiheit im Denken und Entscheiden gleichermaßen vermitteln.

Welchen Beitrag zu diesen Zielen leistet nun der Studiengang? Er setzt inhaltliche Schwerpunkte und zeitliche Verläufe, die Arbeitsformen und vor allem gibt er auch Prüfungsformen vor, auf die in der Lehre hingearbeitet wird. All dies kann die Studierenden prägen. Doch bleibt vieles im Fluss, denn die Anforderungen des Berufslebens ändern sich, ebenso die Berufsziele Studierender. Neue Lehrende setzen andere Akzente, technische Entwicklungen bieten neue Möglichkeiten und gesellschaftliche Erwartungen münden in politische Vorgaben – die Erwartung an das Studium kann mit der Zeit von der Studiengangsstruktur abweichen. Deshalb bietet eine Studiengangsreform die Chance zur Neuausrichtung. Bewährtes zu behalten, erforderliche Neuerungen zu etablieren und gleichzeitig das gemeinsame Verständnis für ein gelingendes und selbstbestimmtes Studiums zu erneuern – das ist für mich Studiengangsreform.“

"Studiengangsentwicklung bedeutet für mich die ständige Arbeit an der Verbesserung der Studienstrukturen. Das gesellschaftliche Leben verändert sich in einem rasanten Tempo. Das Studium sollte uns darauf vorbereiten und sich deswegen auch ständig weiterentwickeln. Alte bzw. veraltete Strukturen sollten ständig hinterfragt werden, wobei die Begründung „Das war schon immer so“ niemals Anlass sein darf etwas nicht zu ändern.

Themen wie mentale Gesundheit, Onlineauftritt, Diversität und vieles Weitere beschäftigt uns Studierenden sehr und sollte daher auch mehr Berücksichtigung in den Studienstrukturen finden. Die zugrundeliegende Frage dabei ist: „Wie werden die Studierenden am besten auf den derzeitigen und zukünftigen Arbeitsmarkt vorbereitet?“

Mir persönlich ist es außerdem sehr wichtig, im Studium Strukturen zu schaffen, bei denen wir Studierende uns in einem Umfeld, in dem wir uns sicher und frei fühlen, zu Persönlichkeiten des kulturellen Lebens entwickeln können. In einem Beruf, in dem wir Einfluss auf andere Menschen haben und viel mit unserer eigenen Emotionalität arbeiten, sollten wir uns unserer Selbst und unserer Wirkung sehr bewusst sein und unsere eigenen Grenzen genau kennen."