chevron-leftchevron-right

In einem Gespräch zwischen Edith Baumann-Müller, Liebgart Wagner, Alexander Wagner und Rebecca Grotjahn aus dem Jahr 2013 legt Baumann-Müller ihre Auffassung zur Gründung der HfM Detmold dar. Das Gespräch wird an dieser Stelle auszugsweise wiedergegeben.

Erinnerungen von Edith Baumann Müller

Edith Baumann-Müller: Mit Herrn Ley war es eben so, dass er eben durchgekommen ist. Gott sei Dank, er ist am Leben geblieben. Und das war dann eine lebenslange Freundschaft mit meinem Vater (Anm. Redaktion: Fritz Müller-Temde). Aber Herr Ley hatte seinerzeit die Idee gehabt, hier könnte doch ’ne Musikhochschule sein. […] Aber bei Herrn Ley war das keine politische Ambition, sondern eine künstlerische, auch weil seine Frau eben Gesang praktizierte. Und Herr Ley wollte gerne eben hier eine Hochschule gründen. Und mein Vater meinte, nach der Geschichte des Fürstenhauses wäre das eigentlich auch ganz schön, weil doch eben Brahms auch hier gewesen ist. Und die beiden haben darüber viel geredet, aber Herr Ley hat auch viel mit Herrn Maler [Wilhelm Maler] und [dessen Ehefrau] Juva Maler gesprochen, das weiß ich bestimmt, und ich denke, auch mit anderen Freunden in Hiddesen. Auf alle Fälle war Herr Ley die treibende Kraft, überhaupt so ’ne Idee zu haben. Und ich weiß, dass mein Vater einmal damit dann, wir hatten so ’ne Bittschrift verfasst, ich hatte dann noch dafür getippt, zu Herrn Doktor Moes gegangen war […] und das erste Mal hatte er gesagt: „Also Herr Müller, wir haben so viel Sorgen. Sie können sich nicht vorstellen, was hier los ist wegen der großen Wohnungsnot und der Flüchtlinge. Also an sowas kann ich jetzt nicht denken.“ Das war die erste Auseinandersetzung. Aber später ist es dann so gewesen, dass diese Idee von der Musikhochschule auch auf Münch-Holland überging und Münch-Holland hat dann manchmal ja Hauskonzerte gegeben und wahrscheinlich dazu auch Doktor Moes eingeladen, stell ich mir vor, und der hatte sich dann mit Moes befreundet und Münch-Holland wollte eigentlich nur eine Hochschule für Cello oder für Geiger. Also für Streicher. Und das war für Herrn Münch-Holland lebenswichtig, denn er hatte ja im Führerhauptquartier als persönlicher Freund von Adolf Hitler gespielt. Und die Kölner hatten gesagt, das habe ich hier im Archiv gesehen, er würde nie wieder eine Stelle an der Hochschule in Köln kriegen, während sie bei Maler zurückhaltend waren. Da sagte die Hochschule: „Wenn wir auch wieder praktizieren, werden wir auch Herrn Maler fragen.“ Und das waren die Auskünfte, die hier im Archiv lagen.

Dann ist es so gekommen, dass also Herr Ley weitere Schriften gemacht hat und dann war Doktor Moes eben auch einverstanden und dann hat Herr Ley sehr viel Vorarbeit bei den Engländern in Oeynhausen, die das zu genehmigen hatten, geleistet. Weil er ja vor Ort war, er war ja aus Bad Oeynhausen gekommen und hatte da eine Anwaltspraxis und ist nach dem Krieg persona grata gewesen für alle Leumundszeugnisse. Und Herr Ley hatte sich geweigert, ich meine, da sage ich jetzt was ganz Persönliches, Herrn Münch-Holland ein Zeugnis auszustellen. Weil er sagte: „Das kann ich nicht. Ich weiß doch, was er vorher für ’ne Rolle gespielt hat. Das kann ich nicht verantworten.“ Und das hat Herr Münch-Holland ihm übel genommen und von da an hat Herr Münch-Holland hier also versucht, die Beziehungen zu Ley abzubrechen. Und Herr Ley hatte sich dann weiter sehr bemüht, auch z.B. um Statuten der Hochschule, und hatte Verbindung zu dem entsprechenden Professor in Göttingen aufgenommen und mit dem korrespondiert und Statuten vorgelegt. Aber das wurde hier dann aber nicht mehr so wichtig genommen und hier waren also dann erstens mal auch Doktor Moes eingeschaltet und zweitens auch Drake. Und Drake war Regierungspräsident hier, und ich weiß, dass also dann eine Sitzung stattfand, ja, unter Drake, und da war auch mein Vater eingeladen. Und da hat mein Vater dann, als es um die Idee ging, wo könnte die Hochschule hier überhaupt praktizieren, hat er gesagt: Das ginge doch hier im Museum! Denn das Museum hat noch nicht geöffnet. Und eben das war das Palais und da sind große Räume, mindestens könnten da mal erst Konzerte stattfinden und da kann auch das Büro sein. Und da haben tatsächlich dann das Büro der Hochschule zuerst und Herr Doktor Suffert (?), den kannte mein Vater auch gut, […] während Ley die Verbindung nach Münster [gemeint ist der Landschaftsverband Westfalen-Lippe, der seinen Sitz in Münster hat] aufgenommen hatte. Und Münster ist ja heute auch noch teilweise Unterstützer der Hochschule. Von Münster kommt auch noch Geld. Auf alle Fälle ist dann passiert, dass die Hochschule in Gang war, was hier in den Räumen des Museums …

Liebgart Wagner: … zusammen mit Herrn Suffert in einem großen Büro, aber mit einem ausgestopften Elch, nicht, oder? […]

Baumann Müller: Es gab die ausgestopften Tiere, um die konnte man in den Pausen herum gehen, und es gab den schönen Saal, der heute noch der Musiksaal ist, der ist allerdings heute umgebaut, oben war vorher noch ’n kleiner Balkon und es gab ’ne Treppe nach unten, von der Bühne aus. Und dann ging es immer um die Bestuhlung, da waren dann Korrespondenzen wegen der Stühle, auch mit Herrn Ley, und, ja, das waren eben die wichtigen Probleme, dass überhaupt Mobiliar da hinkam. Und mein Vater hat also, weil die Fabrik vor dem Kriege viel größer war als während des Krieges oder nach dem Krieg, konnte er mit sehr viel Büromaterial, also Stühle und Tische und Schreibmaschinen und allem Möglichen, sofort helfen und das hinbringen. Da waren die ersten Sachen alle von Temde. Da meinte [unverständlich]: "Also, Herr Müller, sind wir jetzt ’ne Lampenfabrik oder ’ne Musikschule?". Der hatte sich sehr bemüht. Und er hatte einen großen Musterschauwagen, mit dem eben die Lampen verkauft wurden, und dieser Musterschauwagen hat er also – oder, nee, Entschuldigung, einen großen Lastwagen, und dieser Lastwagen war Sonnabend/Sonntag nicht in Betrieb. Und dann hat er sonnabends, sonntags den den Schülern und Studenten zur Verfügung gestellt, damit sie über Land fahren konnten und sich was zum Essen ersingen. Und das habe ich gemacht und auch sehr erfolgreich.


Zur Person:

Edith Baumann-Müller wurde 1924 als zweites Kind des lippischen Unternehmers Fritz Müller und seiner Ehefrau Hermy geboren. Nach dem Tod ihres Vaters 1964 leitete sie das Tochterunternehmen der Firma Temde-Leuchten in Sevelen (Schweiz). Sie war eng mit Franz Ley befreundet, der zu den Ideengebern und Mitbegründern der Nordwestdeutschen Musikakademie gehört. 2015 starb sie in Detmold. Ihre Tochter Katharina Baumann-Südfeld ist seit 2014 Vorsitzende der Gesellschaft der Freunde und Förderer der Hochschule für Musik Detmold (GFF).