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Studierendenalltag

Wie kommt man, wenn man aus Kanada kommt, ausgerechnet nach Detmold?

Meine Gesangslehrer waren ehemalige Studenten aus Detmold von Professor Theo Lindenbaum, der letztendlich auch mein Professor war, also wusste ich schon seit meiner Jugend von Detmold. Im Sommer gab Professor Lindenbaum immer Opernworkshops in Ontario in der Universität von Waterloo und als ich mit dem Gymnasium fertig war, bin ich dann im Sommer zu diesen Opernworkshops gegangen. Daraufhin hat er mich eingeladen, zum Studieren nach Detmold zu kommen.

Was hat Dich am meisten fasziniert?

Diese Architektur und die alte Geschichte… Das kannte ich nicht von einem Land, das noch sehr jung war. Sehr beeindruckt hat mich auch die Enge.

Und wie war der Studienalltag?

Unser Unterricht fand an vier von fünf Tagen statt, die ersten vier Tage hatten wir kürzeren Technikunterricht, am fünften Tag hatten wir eine ganze Stunde Repertoireunterricht. Es kam darauf an, wie weit man mit seiner Stimme schon war, ob man in der Opernschule mitgemacht hat oder Liedgestaltung hatte. Meine College-Zeugnisse wurden übernommen und mir wurde Theorie und Geschichte gutgeschrieben.

Gab es viele Auftritte?

Ich war ziemlich von Anfang an Teil der Opernschule; das heißt, wir haben im Landestheater verschiedene Opern aufgeführt. Bei der Zauberflöte habe ich abwechselnd Pamina und die Königin gesungen, dann später bei Aufführungen im Landestheater.

Das war das Theater in Detmold, oder?

Ja! Gegen Ende meines Studiums habe ich glaube ich vierzig Aufführungen gesungen. Wir gehörten zu den Landestheatern, die verreist sind. In den Kirchen habe ich Oratorien gesungen und ich habe sehr viele Liederabende mit Professor Lindenbaum zusammen gemacht, er hat sehr gut Klavier spielen können. Er konnte die Lieder für alle Stimmlagen transponieren.

Wie war eigentlich der Kontakt zu anderen Kommilitonen?

Es waren viele Ausländer da und wir haben schnell zueinander einen Zugang gefunden. Wir haben sehr viel miteinander unternommen und schnell Freundschaften geschlossen. Wenn ich an unsere Zauberflöte zurückdenke -wir wissen alle, wie viele Mitwirkende auf der Bühne dabei sind-, glaube ich, dass dort nur ein oder zwei Deutsche dabei waren und die Anderen waren alle Ausländer. Wir hatten immer wieder Studentenabende, die wir dann in der alten Aula veranstaltet haben. Es fühlte sich nicht so groß an, wir hatten meist irgendwo in jedem Bereich, in jedem Fach irgendwen, den man kannte und Professor Stephani, der für die größte Zeit meines Studiums Direktor war, hat uns immer bei Namen und mit einem Handkuss begrüßt. Damals kannte ich Niemand anderen, der das gemacht hat. Er war noch von der alten Schule, sehr förmlich, aber sehr herzlich. Ich habe ihn sehr verehrt, ich habe sehr viel Freude gehabt, mit ihm Musik zu machen. Irgendwie hatte er eine sehr ehrwürdige und väterliche Art. Er hat mir bei der Aufnahmeprüfung, die mehr oder weniger pro forma war, gesagt: „In Ihrem Konzertexamen machen wir Strauss’ vier Letzte Lieder“. Das war die ganze Zeit mein Wegbegleiter, er hat das dann aber nicht selbst dirigieren können.

In der Mensa hatte ihr doch so ein Schuldenbuch…?

Wenn man natürlich kein Geld dabeihatte, konnte man sich in das Buch eintragen lassen. Die Frau Schütte war da sehr großzügig und hat manchmal einen ganzen Monat aufschreiben lassen. Natürlich musste man das irgendwie abarbeiten oder seine Schulden ausgleichen. Ansonsten war das so unser Treffpunkt, wo wir uns ausgetauscht haben.